Zur Notwendigkeit von Umweltschutz

Bundestagskandidatin Ellen Gause fasst einige Fakten zusammen

03.08.17 –

 

Bundestagskandidatin Ellen Gause fasst einige Fakten zusammen

 

Für die Produktion unserer Lebensmittel sind wir trotz aller Fortschritte immer noch auf intakte Böden angewiesen. Diese sind in den letzten Jahren durch viele Faktoren enorm unter Druck geraten, und Fachleute weisen darauf hin, dass erst so nach und nach verstanden wird, wie sich die verschiedenen Faktoren auswirken.

Allein der Flächenverbrauch ist problematisch. Für die Landwirtschaft brauchen wir heute ca. 38 % der Erdoberfläche. Durch die Landwirtschaft wurden bisher global 70 % des ursprünglichen Graslands, 50 % der Savannen, 45 % der gemäßigten Laubwälder und 27% der Regenwälder zerstört. Schon 2014 wurden 47,7 % der Ackerflächen nur für den Futtermittelanbau genutzt.

Die weltweite Verfügbarkeit von Böden, die keiner Einschränkung unterliegen, liegt bei nur 11 %. Die restlichen Flächen müssen entweder entwässert, bewässert oder anders nutzbar gemacht werden.

Die jährlich durch Zerstörung verloren gegangenen Agrarflächen haben in der Vergangenheit eine Größenordnung von etwa 10 Mio. Hektar jährlich erreicht.

Die daraus resultierenden Kosten machen in manchen Ländern bereits 5-10 % des Sozialprodukts aus. Die Kosten für die Verhinderung dieser Schäden sind weit geringer als die der Schadensbehebung.

Die Europäische Getreideernte wird zu fast 60 % an Tiere verfüttert.

Die Siedlungs- und Verkehrsdichte hat sich in Deutschland in den letzten 60 Jahren verdoppelt. 2014 wurde täglich eine Fläche von 69 Hektar, rund 100 Fußballfelder, neu ausgewiesen. Meist zu Lasten der Landwirtschaft und fruchtbarer Böden. Bis 2020 soll diese Fläche auf 30 Hektar reduziert werden und 2050 bei null Hektar liegen. Bisher wurden die angestrebten Zwischenziele verfehlt.

Ein anderes Beispiel für den Druck auf unsere Böden möchte ich am Beispiel Glyphosat beschreiben.

Dieses Breitbandherbizid ist nicht nur, wie in der Öffentlichkeit wahrgenommen, evtl. krebserregend. Es wirkt sich auch auf das Bodenleben und damit auf die Bodenfruchtbarkeit aus. Es führt zu vermehrtem Pilzbefall der Nutzpflanzen und beeinträchtigt über den Boden auch Pflanzen, die eigentlich nicht behandelt wurden. Empirisch gut belegt ist seine Wirkung auf die Schädigung des Erbguts bei Tieren und Menschen, und es ist mittlerweile bei fast allen Menschen im Urin nachweisbar. Unabhängig davon, ob sie in der Landwirtschaft tätig sind oder nicht.

Entgegen der Herstellerangaben lagert es sich samt seinen Abbauprodukten sehr wohl im Boden ab und wird in Deutschland und Frankreich sowohl im Grund- als auch im Oberflächenwasser nachgewiesen.

Es ist das weltweit am häufigsten ausgebrachte Herbizid, und ca. 80 % der angebauten Pflanzen sind gentechnisch so verändert, dass sie resistent gegenüber dem Herbizid sind, was ein drastisches Ansteigen der Ausbringung gebracht hat.

Die Auswirkungen sind teilweise dramatisch. Zum einen haben sich immer mehr Resistenzen auch bei Ackerunkräutern gebildet: mein liebstes Beispiel ist der Palmer Fuchsschwanz, ein Amarant Gewächs, das über drei Meter hoch wird, pro Tag bis zu 70 cm wächst und gegen Trockenheit gut gewappnet ist. Diese Pflanze überwuchert selbst Mais mühelos und macht den Farmern in den Staaten bereits große Schwierigkeiten. In England verbreiten sich gerade andere Pflanzen, denen diese Spritzmittel nichts mehr anhaben können.

Noch viel größere Sorgen bereitet die Schädigung des Bodenlebens, denn diese hat zur Folge, dass riesige Flächen für jeglichen Anbau unbrauchbar geworden sind.

Das sind aber längst nicht alle Gefahren, die uns durch die Überbeanspruchung unserer wichtigsten Grundlage droht.

Fachleute schlagen zunehmend Alarm, denn ganz offensichtlich hat man die vielen komplizierten Wechselwirkungen gerade erst zu verstehen begonnen, und wir müssen damit rechnen, dass uns weitere Ernteausfälle drohen, allein weil die Böden dermaßen aus dem Gleichgewicht gebracht wurden. Martin Richenhagen, deutsch-amerikanischer CEO und Präsident der AGCO Corporation, hat schon vor 4 Jahren gesagt, dass die Böden zum großen Teil so aus der Balance gebracht sind, dass die Erträge trotz erhöhtem Einsatz von Düngemitteln rückläufig sein werden. Aus diesem Grund forscht man mit Hochdruck an kleinen Robotern, die anstelle von Landarbeitern die arbeitsintensive aber Boden schonende Landwirtschaft ohne den Einsatz von Spritzmitteln ermöglichen sollen. Sein Fazit ist eindeutig: die konventionelle Landwirtschaft steht vor dem Aus.

Das auch die erhebliche Bodenverdichtung und der Nitrat-Eintrag aus der Massentierhaltung immense Schäden verursachen und uns noch eine Menge Kosten bescheren werden, dürfte einleuchten. Die immer längeren Trockenphasen im Frühjahr und die starken Regenfälle im Sommer, übrigens ausgerechnet in der Zeit, in der das Korn hoch steht, machen sowohl den Böden als auch den Pflanzen das Leben schwer, und wir müssen uns mit Sicherheit auf die Folgekosten einrichten.

Seit vielen Jahren versuchen wir Grüne, die industrielle Landwirtschaft in umweltverträgliche und damit menschen- und tierfreundliche Bahnen zu lenken und der viel zu hohen Tierdichte entgegen zu wirken. Die Zunahme von multiresistenten Keimen bereitet zunehmend Probleme. Das zum Teil tatsächlich auch in der Tiermast Antibiotika verwendet werden, die eigentlich als Ersatzantibiotika für Menschen gedacht sind, ist absolut unverantwortlich.  

Die massenhafte Tierhaltung hat aber noch weitere Auswirkungen. Mit über 12 % ist die

Landwirtschaft mittlerweile der größte Feinstaubverursacher in Deutschland. Die gesundheitlichen und finanziellen Auswirkungen von sekundären Feinstäuben in der industriellen Landwirtschaft sind dramatisch. Die Emission von Ammoniak ist für Mensch und Tier gefährlich. Es reizt Augen und Atemwege, verbindet sich in der Luft mit Schwefel und Stickoxiden zu Feinstäuben, die bis in die Lungenbläschen vordringen. 95 % des Ammoniaks, das in Deutschland in die Atmosphäre gelangt, stammt aus der Landwirtschaft. Im Boden führt es zur Übersäuerung, und über die Luft wird es weit transportiert. Feinstäube verursachen Herz-Kreislauferkrankungen, Allergien, Asthma und Lungenkrebs.

Die Lunge von nichtrauchenden Großstädtern ist oft nicht von der von Rauchern zu unterscheiden. Laut der europäischen Umweltagentur bringt Feinstaub in Deutschland jährlich mehrere 10 000 Menschen vorzeitig ins Grab.

Laut WHO sterben weltweit jährlich mehr Menschen durch verschmutzte Luft, als durch verschmutztes Wasser und Tropenkrankheiten zusammen.

Generell gilt: je feiner desto gefährlicher, und so sind in letzter Zeit Ultrafeinstäube in den Fokus geraten, die man bisher nicht messen konnte und die durch die Zellwand ins Blut und damit in alle Organe gelangen. Bei Ratten wurde nachgewiesen, dass sie bis ins Hirn vordringen. Welche Folgen das hat, ist unerforscht.

Diese gravierenden Auswirkungen sind aber längst nicht das Ende der Fahnenstange. Wenn man bedenkt, dass wir einen Großteil der Produktion von Fleisch und Milchprodukten in die Länder exportieren, die sich dringend entwickeln müssen, wenn wir die Fluchtbewegungen stoppen wollen, dann bekommt das Ganze eine zusätzliche Dimension.

Durch die enormen Subventionen können wir Fleisch und Milchprodukte nach Afrika exportieren, die dort billiger angeboten werden als die eigenen Produkte und dadurch die heimischen Märkte zerstören bzw. einen Aufbau verhindern. Da die Verbraucher bei uns zu glauben scheinen, ein Hähnchen bestünde nur aus Brustfleisch, drücken wir die übrigen Bestandteile ebenfalls in die afrikanischen Märkte. Gelungene Entwicklungshilfe sieht anders aus.

Aber ich möchte noch kurz den Bogen zum allgegenwärtigen Thema Klimaerwärmung schlagen, das mit unserer Art zu leben und Landwirtschaft zu betreiben unmittelbar zusammenhängt und sich wiederum negativ auf unsere ohnehin gebeutelten Böden und unseren strapazierten Haushalt auswirken wird.

Um diese Mengen an Fleisch produzieren zu können, sind wir auf den Import von Soja angewiesen, das auf riesigen Flächen in Südamerika angebaut wird. 90 Prozent der EU Importe sind für die Fütterung von Schweinen, Hühnern und Rindern bestimmt.

Für diesen Sojaanbau ist eine Fläche von ca. 2,8 Millionen Hektar (entspricht der Größe

Brandenburgs) in Übersee notwendig. Den Profit machen fast ausschließlich Großunternehmen, die genmanipuliertes Saatgut verkaufen und die für deren Anbau notwendigen Pestizide und Herbizide gleich dazu.

Die Sojamonokulturen sind in Brasilien schon weit in den Amazonas Urwald vorgedrungen. Sie vernichten die zentralbrasilianische Savanne zu großen Teilen. Diese ist mit einer Fläche von 204 Millionen Hektar etwa sechsmal so groß wie Deutschland und stellt das biologisch vielfältigste Savannen Ökosystem der Erde dar. Dass die 50 indigenen Gruppen in diesem Gebiet stark betroffen sind, ist für uns nur eine Randnotiz.

Aufgrund der steigenden Nachfrage schreitet der Anbau von genmanipuliertem Soja weiter fort und hinterlässt ruinierte Böden, mit allen daraus folgenden Konsequenzen. Dass die bäuerlichen Strukturen vor Ort keine Chance haben ist klar, steigende Arbeitslosigkeit die Folge.

Auch in diesen Gebieten bleiben Resistenzbildungen nicht aus, was wiederum den Einsatz von Mitteln zur Folge hat, die in der EU verboten sind ( Herbizid: Atrazin, Pestizid: Endosulfan ). Dass all dies verheerende Folgen für die Menschen hat, ist klar. Dass es einen katastrophalen Rückgang der Arten zur Folge hat auch. Und da die Zerstörung des Amazonas Regenwaldes die Erderwärmung beschleunigt, sind auch wir betroffen.

Und daher möchte ich noch ganz kurz einige Folgen der Klimaerwärmung ansprechen. Dass der Meeresspiegel ansteigen wird, ist bekannt; dass dies an unseren Küsten deutlicher ausfallen wird als im weltweiten Mittel hat zu der Prognose des Deutschen Instituts für Küstenschutz und Hydrologie geführt, dass unsere Deiche nicht nur um einen, sondern um 1,70 Meter erhöht werden müssen.

Die Wetterextreme werden zunehmen, was wiederum den von uns gebeutelten Böden zusetzen wird.

Die Permafrostböden tauen, und hier geraten die Bauwerke ins Schwanken. Schon heute verursacht die Notwendigkeit sie neu zu verankern gewaltige Kosten. Sollten die riesigen arktischen Torfmoore tauen, würden gigantische Mengen Methan freigesetzt, was wiederum den Klimawandel  beschleunigen würde.

Kaum in der öffentlichen Wahrnehmung ist der steigende Gehalt von Kohlendioxid in den Meeren, die dadurch versauern. Auch das hat weitreichende und kaum absehbare Folgen.

Nicht außer Acht lassen sollten wir die steigende Ausbreitung von Krankheiten durch die zunehmenden Temperaturen. Schon heute häufen sich z.B. Infektionen mit Schistosomiasis, einer Wurmkrankheit in China. In Alaska sind es Durchfallerkrankungen durch Salmonellen in Meeresfrüchten, und weltweit steigen die Infektionen mit Malaria und Dengue-Fieber.

Die WHO schätzt die Zahl der Todesfälle, die durch die gestiegenen Temperaturen verursacht werden, schon heute pro Jahr auf 150 000.

Wie man sieht, ist Deutschland durchaus Mitverursacher und auch nicht gefeit vor den Folgen. Auch bei uns nehmen Zeiten mit Temperaturspitzen zu (das ist für die Landwirte eine enorme

Herausforderung), lange Trockenperioden werden normal und steigern die Waldbrandgefahr.

Die Kosten, die der Klimawandel allein für Deutschland verursacht, werden vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung bis 2050 auf ca. 800 Milliarden Euro und bis 2100 auf ca. 3000 Milliarden Euro geschätzt. Das sind pro Jahr bis 2050 ca. 23 Milliarden Euro und bis 2100 gerechnet ca. 85 Milliarden Euro jährlich.

Ich hoffe, unser Einsatz für eine Umstrukturierung der Landwirtschaft bzw. unserer gesamten Produktionsprozesse hin zu nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Strukturen ist jetzt besser nachvollziehbar. Es geht nicht um Verzicht, sondern um Entwicklung. Und dies ist auch die Grundlage, von der aus wir GRÜNE uns ganz entschieden für eine konsequente Umsetzung der EU Vorgaben im Aller-Leine-Tal und die Einrichtung eines Biosphärengebiets mit dem Truppenübungsplatz Bergen als Kernzone hier vor Ort einsetzen.

 

Kategorie

Demokratie | Umweltschutz

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